Mittwoch, 21. Oktober 2015

Der perfekte Zeitpunkt

Ich habe mich gerade in einem Blogpost von Hannes Treichl verloren, ein wunderbarer österreichischer Autor und „Andersdenker“. Er spricht in seinem Post von „Der Ausrede des richtigen Moments“: 


Ich musste so lächeln, als ich diesen Eintrag verschlungen habe. Wahrscheinlich erkennt sich jeder von uns ein Stück weit darin wieder. Das Suchen nach dem perfekten Zeitpunkt. Das Warten auf Gelegenheiten. Chancen verstreichen lassen oder bewusst ignorieren. Irgendwas haben wir immer parat. Parat als Ausrede. Als Ausrede für uns selbst. Wir verstecken uns hinter Entschuldigungen und Ausflüchten und sind einfach nicht bereit den einen Schritt zu machen. 

Dabei kennt das Gefühl doch fast jeder von uns. Sind wir nicht alle hin- und hergerissen zwischen Bequemlichkeit und Möglichkeiten? Eingesperrt in einem von uns selbst kreiertem Konstrukt aus angeblichen Sicherheiten und Routinen, sind wir zu scheu etwas zu wagen. Wir warten auf jemanden der uns an die Hand nimmt, uns rettet - aus einer unglücklichen Partnerschaft, vor dem stressigen oder gähnend langweiligen Job oder vor sonstigen Unannehmlichkeiten, denen wir uns tagtäglich aussetzen. 

Menschen, die sich aus diesen Komfortzonen herauswagen werden skeptisch beäugt, kritisiert und trotzdem beneidet. Doch sind es nicht am Ende diese Menschen, die neue Wege erkunden und Spuren hinterlassen? 
Spuren hinterlassen...
Abendteurer. Visionäre. Weltenbummler. Optimisten. Gutmenschen. 

Ich lebe im hier und jetzt. Ich möchte genießen und mich wohlfühlen. Wertschätzen was ich habe und machen was ich möchte. Ich möchte mich selber verwirklich. Geld verdienen und es ausgeben. Ich möchte lieben und geliebt werden. Lachen und Weinen. Zufriedensein und am Abend mit einem guten Gefühl ins Bett gehen. Ich weiß, dass nicht jeder so „Extrem“ im Leben ist wie ich. Und das ist auch gut so. 
Der richtige Moment ist JETZT
Aber wenn ihr euch wieder erkennt in meinen Worten, dann haltet einfach einmal inne.

Es lohnt sich was zu riskieren. Einfach einmal auszubrechen. Sei es nur für ein paar Minuten am Tag. Mir ist schon klar, dass es Verbindlichkeiten und Verpflichtungen gibt, denen wir nicht so leicht entkommen können oder wollen. Doch wann habt ihr das letzte Mal was für euch getan? Seid Projekte angegangen, die schon lange in eurem Kopf umherschwirren. Wann habt ihr euch bewusst für etwas Zeit für euch entschieden? Oder geht es euch da wie mir vor einigen Jahren, dass ihr gar nichts mehr mit dieser Zeit anfangen könntet? 

Denn eins müssen wir zugeben: In unserem Inneren wissen wir doch, dass der Zeitpunkt niemals perfekt sein wird. Der einzige Moment den wir haben und gestalten können, IST JETZT!
Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, noch können wir die Vergangenheit verändern. Doch können wir den Moment gestalten. Jederzeit aufs Neue.
Aber wir müssen anfangen uns zu bewegen, um Spuren zu hinterlassen..

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Darf ich vorstellen: Meine innere Unruhe

Wenn ich mich so umschaue, dann leben die Menschen links und rechts neben mir ihr Leben. Die meisten von ihnen machen das auch genauso, wie ich gedachte meines zu leben. Viele meiner Freunde haben schon geheiratet, haben Kinder oder planen welche, bauen Häuser oder kaufen Wohnungen. Einige gründen Firmen und verwirklichen sich so. Jeder baut sich irgendwie sein Nest und –wie sagt man so schön – settled down! Das ist irgendwie faszinierend für mich und auch beruhigend anzuschauen, dass es immer so weiter gehen wird.   

Ich bewundere die Menschen die das können, die einfach so zufrieden sein können. Und ja, ich gebe zu, es gab Zeiten, da habe ich sie beneidet. Mir gewünscht, auch so sein, einfach in dieses Lebensgefüge reinzupassen, wie ein artiges Puzzlestück. Ich habe es so sehr versucht, dass ich mich selbst einfach komplett ignoriert habe. Ich bin immer noch erstaunt, wie das passieren konnte. Verrückt. 

Es hat lange gedauert, bis ich akzeptiert habe, dass jeder Mensch nach unterschiedlichen Werten und Normen lebt und das Jeder für sich selbst entscheiden muss, welche das sind. So wie auch ein Jeder unterschiedliche Antriebe hat, die sich wiederrum noch abwechslungsreicher auswirken. Auch großartig. Wäre sonst ziemlich langweilig. 

Mein Antrieb und ein großer Teil von meiner Persönlichkeit ist meine innere Unruhe. Meine Rastlosigkeit. Worte, die lange Zeit für mich negativ behaftet waren. Gefühle, die mir Angst gemacht haben und mich verunsicherten. Waren sie doch verantwortlich, dass es mich nie lange irgendwo gehalten hat. Dass ich immer auf zu neuen Ufern musste. Sei es beruflich oder privat, geografisch oder gefühlsmäßig. Vielen Leute haben mich nicht verstanden, verstehen mich noch immer nicht und ich kann es ihnen nicht verübeln. Brauchte ich doch auch ewig um es anzunehmen. 

Am Anfang habe ich diese Ruhelosigkeit immer ignoriert. Aus irgendeinem mir inzwischen unerklärlichen Grund habe ich sie immer als negativ empfunden. Wahrscheinlich nicht verwunderlich. Googlet diese Wörter einmal, da kommen nicht so viele positiv behaftete Themen heraus. Also versuchte ich sie zu überhören und wegzuschauen. Nicht selten habe ich an mir gezweifelt und alles in Frage gestellt. Ich habe die Unruhe solange unterdrückt, bis sie sich soweit in mein Bewusstsein geschlichen hat, dass ich weiter MUSSTE, meistens dann Hals über Kopf und ohne Rücksicht auf Verluste. 

Mittlerweile bin ich schlauer. Ich lebe wie ich möchte. Die meiste Zeit jedenfalls. Inzwischen weiß ich dieses Gefühl der Unruhe zu schätzen. Es sogar als Geschenk anzunehmen. Hält sie mich doch wach und gibt mir ein Gefühl von Lebendigkeit. Außerdem kommt sie direkt aus meinem Herzen und dem höre ich im Alltag sowieso noch zu selten zu. Ich habe begriffen, dass nicht jeder die gleiche Definition von „settle down“ hat. Dass es auf so viel mehr ankommt.
Ich bin ein Mensch der bewusst leben will, nicht genug bekommt und der ständig auf der Suche nach neuem Futter ist. So treibt mich diese Ruhelosigkeit doch immer wieder an, bringt mich an unterschiedliche Orte, lässt mich wertvolle Erfahrungen machen und macht mich am Ende zu dem was ich bin.
Sie hilft mir zu sortieren. Was will ich wirklich. Wo bin ich glücklich. Mit wem möchte ich sein. Sie ist der Garant, dass ich mich nicht selber verlieren werde. Nicht mehr. Und was kann ein größeres Gut sein?


Dienstag, 29. September 2015

Lebensabend

Ich fahre beruflich ziemlich viel Bahn. Eigentlich mag ich das, wenn diese Verspätung nicht immer wäre. Ich meine, ich sitze gemütlich auf meinem Sitz, kann arbeiten oder surfen, lesen oder aus dem Fenster schauen und muss nichts anderes tun. Ab und zu kommt man sogar in den Genuss anderen Menschen zuhören zu dürfen, als stiller Zuhörer in einem fremden Leben. 

Meistens vermeide ich diese Situationen. Aber letzte Woche saß ein älteres Pärchen vor mir. Die haben sich so wunderbar unterhalten, dass ich im Halbschlaf einfach nicht weghören wollte. Und ein Wort, dass immer wieder fiel und das ich nicht mehr vergessen kann ist: 
Lebensabend.

Was bedeutet das eigentlich? Laut Duden (ich liebe den, der ist immer so viel sachlicher als ich) ist damit der Ruhestand gemeint, der Lebensausklang, der letzte Lebensabschnitt. Ein großes Wort also, fast angsteinflößend. Das ältere Paar war offensichtlich bereits in diesem Abschnitt angekommen und hatte so allerlei Pläne, wie es denn nun weiter gehen sollte. Eine schöne Vorstellung und doch kann ich mich damit nicht so ganz anfreunden. 

Woher weiß ich denn, wann mein Lebensabend gekommen ist? Wann ich Zeit habe, mein Leben für mich zu planen und zu genießen? Und warum soll ich das unbedingt am Abend machen? Zeit ist doch eine so relative Empfindung. Manche Tage sind kürzer als andere. Einige Stunden fühlen sich an wie Minuten, Sekunden können endlos werden. Und doch läuft alles auf 24 Stunden raus. Aber wenn es doch so unterschiedlich empfunden wird, ist die Zeit dann wirklich ein Maßstab und ein messbarer Indikator? 

Lebensabende. Sonnenuntergänge. Sonnenaufgänge. Mittage und Frühstückzeit. Nachmittagsspaziergänge und Dämmershoppen. Mitternachtstanz und Morgengrauen. 

Bietet nicht jede Tageszeit etwas Wundervolles? Und ist es nicht an uns, uns Zeit zu nehmen und inne zu halten, um genau diese Zeit nicht zu verpassen? Uns nicht vom Leben überholen zu lassen, Arbeit mal Arbeit sein zu lassen und einfach Dinge tun, die wir lieben? Noch besser: Zeit mit Menschen verbringen die wir lieben? Atmen. Bewusst entschleunigen. Das Leben genießen, mit Haut und Haaren zu allen Zeiten. Einfach mal Drei gerade sein zu lassen, raus in die Natur gehen. Reisen. Alte Freunde anrufen. Einen Brief schreiben. Sport treiben. Schön Essen gehen. Dankbar sein. Lieben. Leben. Bewusst genießen. Sich annehmen. Lachen. 

All diese Dinge schieben wir viel zu häufig auf. Lassen unseren Alltag unsere Stimmung beeinflussen und vergessen, dass wir bewusst entscheiden können, wie wir leben. Wir können unser Leben genießen, ab heute, jeden Tag. Damit meine ich nicht, dass wir ständig glücklich sein werden, aber wir werden zufrieden sein. 

Und plötzlich macht mir das Wort Lebensabend auch gar keine Angst mehr. Denn ich werde einfach jede Zeit in meinem Leben kostbar machen. Und unglaublich wertvoll. So das der Abend lediglich der Abschluss eines krönenden Tages ist, der Beginn einer wundervollen Nacht. Und der Moment an dem ich zurück blicke und lachend am Meer stehe. 
Selfies sind auch wunderbar in der Bahn - nur nebenbei